Jetzt schreibe ich hier schon seit über drei Jahren meine kulinarischen Erlebnisse auf und nehme euch immer mal wieder mit auf einen virtuellen Ausflug durch meine Heimat der Pfalz wie zum Beispiel zur Weinwanderung in Kirrweiler, in die Weinkeller nach Deidesheim oder auch zu kulinarischen Weinfesten… Aber bei einer richtigen Weinlese war ich tatsächlich noch nie selbst dabei!
Das wurde am letzten Sonntag geändert, da mein Mann und ich zu unserer Hochzeit im letzten Jahr von lieben Freunden eine sogenannte “Reben-Patenschaft” im “Hochzeits-Wingert” geschenkt bekamen. Diese Patenschaft bezog sich auf zwei Weinreben der Sorte Auxerrois. Das Tolle daran: Man bekommt nicht nur den Wein aus dem Jahr seiner Hochzeit, sondern darf auch “mitherbsten”, wenn man denn möchte. Herbsten heißt, die reifen Trauben ernten, aus denen dann der Wein gekeltert wird.
Ganz klar wollten wir! Das ausrichtende Weingut bietet diese Patenschaften schon seit 15 Jahren an und viele Paare nehmen alljährlich an dieser Weinlese teil. Schon zum 30. August verkündete uns eine Informationsmail, dass der Oechsle-Grad (und auch der Zuckergehalt) durch diesen Jahrhundertsommer bereits bei 83 Grad stünde, sodass zwingend am 09. September 2018 zu lesen sei. (Oechsle-Grad ist die Maßeinheit für das Mostgewicht. Die Faustregel: Je höher der Oechslegrad der geernteten Traube, desto höher auch der Alkoholgehalt des fertigen Weines.)
Wir haben uns also am Sonntag aufgemacht nach Landau-Nussdorf, dem Ort des Geschehens, und der heutigen Lese. Wenn mein Papa noch unter uns weilen würde, würde er uns mit Sicherheit für verrückt erklären, dass wir das “freiwillig” machen, da er jahrelang als Kind und junger Student Wein lesen musste und ihn der Gedanke an den traubenklebrigen Rücken vom Tragen der Logel (= Behältnis, in das die Trauben gesammelt wurden) auch als alter Herr noch mit Abscheu erfüllte…
Wir konnten allerdings das Lesen einfach genießen. Schon ein Gläschen guter Winzersekt zur Begrüßung ist natürlich etwas Anderes, als wenn man sich früher auf einen anstrengenden Erntetag einstimmen musste (und man wusste, dass es so einige Wochen gehen wird, immer in der Sorge vor Hagel oder anderen Plagen, die die Ernte gefährden könnten) oder wenn heutzutage einfach nur der Trauben-Vollernter kurzen Prozess macht und die Rebstöcke automatisch aberntet.
Zunächst wurden wir Unwissenden erst einmal eingewiesen wie und was genau abgeerntet werden darf. Faulige oder unreife Trauben sind nachvollziehbarer Weise nämlich nicht erwünscht in der Kelter. Wobei ich gestehen muss, dass mir kaum Fäulnis begegnet ist, sicherlich der Trockenheit der vergangenen Monate geschuldet.
Und dann ging es ans Lesen! Das Thermometer bereits bei entspannten 27 Grad und kein Wölkchen in Sicht: Perfekte Bedingungen für uns. Je länger wir so die vollen Traubenrispen abknipsten, umso mehr Spaß machte es uns. Zugegeben, die obligatorische Woischorle-Pause war sicherlich auch mitverantwortlich für die gute Stimmung im Weinberg.
Überall geschäftiges Treiben, in jeder Zeile zwischen den Rebstöcken wurden volle gegen leere Eimer getauscht und der Hänger mit den Trauben füllte sich schnell. Gefühlt war die Lese-Zeit ratzfatz um, aber ich hatte auch gar keine Gelegenheit gehabt auf die Uhr zu schauen. Nachdem wir wirklich die gesamte Fläche abgeerntet hatten, traten wir zu Fuß den Rückweg an (nicht ohne eine kleine Einkehrpause zu machen :-)), und anschließend im Weingut gemeinsam Pfälzer Hausmannskost zu essen und den Tag fröhlich ausklingen zu lassen.
Ihr merkt schon: Uns hat es gut gefallen. Was gibt es Besseres als leicht müde mit einem guten Glas Wein und einem Teller voller Leckereien draußen im Halbschatten zu sitzen… genau nix!
Die eigentliche Arbeit des Winzers geht an dieser Stelle natürlich erst los. Die geernteten Früchte müssen von den Stielen getrennt werden und die reifen Trauben dann zerquetscht werden, sodass aus dieser Mischung, “Maische” genannt, der Most, also der Saft, gewonnen werden kann. Das ist dann auch die Flüssigkeit, die zu Wein gekeltert wird. (Für alle Vollprofis, die jetzt mitlesen sollten: Ja, ich weiß, ich habe die Weinherstellung jetzt auf das Minimum reduziert und vieles vereinfacht, aber so verliere ich mich nicht in Fachbegriffen… seht es mir nach ;-)).
Fazit: Wer mit “Spaß an Wein” nicht nur das Entkorken der Flasche meint, der hat bei so einer Patenschaft wirklich Freude. Sie bringt Weinliebhabern und Nicht-Winzern die Traubenlese wirklich näher.
Für alle, die das jetzt auch mitmachen wollen – hier ist das Weingut, über das wir das gemacht haben:
Wein.Gut.Pan Nussdorf
Anmerkung: Diese Patenschaft wurde uns von Freunden ganz privat geschenkt und bezahlt. Mein Erfahrungsbericht entstand in Eigenmotivation und ich habe nichts dafür bekommen (weder Wein noch Geld ;-)). Aber weils mir so gut gefallen hat, wollte ich darüber berichten.