Hier auf meinem Blog habe ich das große Privileg schreiben oder eben nicht schreiben zu können, was ich will. Und deshalb stelle ich euch zwei wunderschöne Orte vor, die ich euch zeigen muss, weil sie mir beide sehr am Herzen liegen und ich sie einfach klasse finde, wobei sie sehr unterschiedlich sind. Manchmal gehts hier nämlich nicht nur um Essen, sondern auch ums GUTE Trinken!
Fangen wir also heute mit dem ersten Hotspot an, den ihr unbedingt kennen müsst. Das Weingut Georg Naegele in Neustadt an der Weinstraße. Eigentlich ein sehr traditionelles Weingut, dachte ich früher. Bis ich mich mal näher damit beschäftigt habe. Und ihr wisst ja, in meiner Heimat der Pfalz gibt es verdammt viele Weingüter…
Aber im Laufe meines Artikels werdet ihr merken, warum ich euch unbedingt dieses vorstellen muss.
Wenn man zum Weingut fährt, kommt man allein schon durch ein abenteuerlich-idyllisches Gässchen. Ich liebe sowas ja. Da taucht man direkt in eine kleine, andere Welt ab. Und so ist es auch hier, wenn man dann den Hof des Weingutes betritt. Wobei der aufmerksame Beobachter gleich merkt: Tradition trifft Moderne.
Bei dem Anwesen wird der “alte” und urige Teil gehegt und gepflegt und geht doch eine passende Verbindung mit der modernen Vinothek ein. Vom mediterranen Flair der schönen Gegend mal gar nicht zu sprechen.
Aber hier geht es heute nicht um Architektur, sondern um ein Weingut, dass meine Publicity sicher gar nicht bräuchte. Bereits in der 7. Generation wird das Weingut Georg Naegele schon geführt und ist mit der Zeit gegangen. Man könnte für den Erfolg jetzt anführen, dass es ihren 2016er Riesling Spätlese trocken (Hambacher Schlossberg) ab Februar 2018 auf den 1.Klasse-Flügen der Lufthansa zu trinken gibt. Aber das wäre zu einfach.
Auf solche Erfolgen kann man was geben, muss mann aber nicht. Für mich zählt aber auch: Wie schmeckt mir der Wein und wie wird das Weingut geführt in Sachen Herzblut, Können und natürlich auch wie sich die Winzer entwickeln. Bleiben sie offen für Neues oder steigt ihnen der Erfolg zu Kopf?
Tja, ich kannte die Winzer vorher nicht persönlich, aber nach meinem Besuch habe ich noch lange darüber nachgedacht, dass es wirklich kaum zu glauben ist, aber dass nicht nur der Wein geil ist und in absolut wundervoller Lage (optisch wie auch bodentechnisch) gedeiht, sondern auch Eva Bonnet einfach total sympathisch ist.
Von wegen Starallüren oder sonstwas… Fehlanzeige!
Bei unserem Blick hinter die Kulissen hat es uns natürlich auch in den alten Weinkeller verschlagen – der genau so aussieht, wie es ein anständiger Weinkeller aussehen muss. Schon beim Gespräch über die Arbeit auf dem Weingut und so viele Handgriffe, die auch heute noch von keiner Maschine gemacht werden können, wird mir klar, dass das Winzer sind, die mittendrin sind. Die genau wissen, was in jedem einzelnen Fass los ist. Vom großen Stahltank bis zum kleinen Barrique-Fässchen.
So viele Informationen – ich hätte Eva Bonnet noch ewig zuhören können. Und natürlich verriet sie mir auch auf die Frage, was ihr denn am liebsten an ihrer Arbeit sei, dass es die Arbeit im Weinberg ist. Schon wie sie über die einzelnen Stationen, die die Traube bis zum fertigen Wein in der Flasche durchläuft, spricht, merke ich, dass ihr der Wein wirklich am Herzen liegt. Sie dafür brennt.
Und ich glaube ihr sofort, als sie sagt: Sie beobachten jedes Fass einzeln und es sind auch Kinder für sie – ihnen ist wichtig, was aus ihnen wird.
Sie setzen auf aromaschonende und langsame Gärung zwischen 14 und 16 Grad und nutzen dafür auch kühlbare Tanks. Das ist wie beim Niedrigtemperatur-Garen beim Kochen – dauert länger, aber das Fleisch wird dafür umso zärter und besser. Der zeitliche Aufwand lohnt sich!
Auch bei dem Thema Hefelagerung – unabdingbar, dass das mit dem Wein was wird – merke ich direkt: Die Zwei sind keine Angsthasen! Da darf auch mal Spontangärung sein, um mehr Komplexität in die Flasche zu bekommen.
Seit zwanzig Jahren kümmert sich das Paar nun um die (Wein-)Resultate des Weingutes und geben alles, dass ihr Kapital, nämlich gesunde Reben, auch so stark bleiben. Sie setzen auf intensive Bodenpflege mit organischer Düngung. Denn hier gilt das Prinzip: Je besser der Boden, desto besser auch der Wein. So kann man auch Jahr für Jahr trotz immer wieder anderen (gerade witterungsbedingten) Umständen die Qualität halten. Und so eine Weinrebe wird eben schon 20 Jahre alt.
Heutzutage müssen Winzer mit heftigeren Wetterumschlägen fertigwerden. Zwar stimmt die alte Bauernregel, dass 100 Tage nach der Blüte die Ernte beginnt zwar noch, aber je nach Saison kann der Säuregehalt zum Problem werden. Oder die Trauben des Sauvignon Blanc, die so empfindlich sind, dass sie an einem Tag umschlagen von grün (= sehr gut) auf gelb (= schwierig…).
Das Weingut geht mit der Zeit und Themen wie Umgang mit Holz (Barrique), was ja schon Jahre auf dem Vormarsch ist, aber auch Aromasorten (wie z.B. Muskateller) sind auch für sie große Themen.
Ich wurde etwas stutzig… Muskateller? Da hatte ich wirklich ehm… eher nicht so gute Assoziationen bisher, aber als ich den Muscat de Bonnet teste, einen extratrockenen Sekt aus Muskateller, bin ich mehr als positiv überrascht.
Auch starteten sie vor einigen Jahren ihre bekannte “Chronos”-Linie (mittlerweile in Rot und Weiß) – Rotwein, der lagerfähig sein sollte und im Holzfass ausgebaut ist. Denn wie viel schöner ist der Genuss, wenn er auch noch Jahre später so ist, ja sich vielleicht sogar noch verbessert. Einen der Chronos-Jungs haben wir bei Freunden getrunken. Ja, die Mühe hat sich gelohnt ;-).
Verkaufsschlager ist im Weingut Naegele tatsächlich nach wie vor der Riesling in der Literflasche. In unserer Gegend einfach der Klassiker, auch als Schorle. Da geht nix dran vorbei!
Bei den Rotweinen ist der Spätburgunder ihr wichtigster Rotwein – sozusagen die “rote Antwort auf den Riesling”. Ich musste direkt schmunzeln. Und als mir Frau Bonnet noch verrät, dass diese Traube zwar klein und kompakt ist, aber auch eine kleine Diva im Anbau sein kann, da hatte ich direkt ein Bild vor meinen Augen.
Das Weingut setzt auf unterschiedliche Wege zu den Menschen, aber ich finde es einfach schön, dass man dorthin kommen kann und direkt vor Ort beim Winzer einkaufen kann.
Die Bonnets exportieren ihre Weine aber auch unter anderem in die Niederlande, die USA oder auch England.
Wir plaudern (nach einsetzendem Regen – herzlich willkommen in diesem Sommer) lieber drinnen bei einem Gläschen Wein weiter. Und Frau Bonnet fragt, was wir denn gern trinken würden. Wir sind sehr offen und lassen sie wählen, es darf ruhig was “mutigeres” sein. Und so testen wir noch ein bisschen was, was wir bisher noch nicht kannten. Ein paar Ansichtsexemplare zum weiteren (aufopferungsvollen) Testen, haben wir natürlich auch gleich gekauft ;-).
Vielen Dank, liebe Frau Bonnet, für Ihre kostbare Zeit, Ihre entspannte und so freundliche Art. Wir haben nicht nur viel erfahren, sondern es hat einfach Spaß gemacht bei Ihnen.
Wer jetzt Lust bekommen hat:
Weingut Georg Naegele
Schlossstr. 27-29
67434 Neustadt an der Weinstraße
P.S.: Und wer den Wein lieber sicherheitshalber auch noch ins Essen geben will, hätte ich hier, hier oder hier noch ein paar Anregungen!
Anmerkung: Der regelmäßige Leser weiß schon was kommt… Dieser Bericht ist auf meinem höchstpersönlichen Mist gewachsen. Ich habe dafür keinerlei Leistungen bekommen, sondern es ist mir ein Anliegen darüber zu sprechen, wenn ich etwas mag/gut finde.
[…] zufällig, aber wenn mir etwas sehr gut gefällt, dann teile ich das Wissen gern. Egal, ob es um Wein, Spargel oder Tomaten […]